Biomedizinische Bildgebung: Leitfaden zur Auswahl der Spezifikationen von industriellen Kameras und deren Berechnung

Für biomedizinische Anwendungen in Forschung und Diagnostik sind oft Bildgebungssysteme mit hoher räumlicher Auflösung, präziser Farbwiedergabe, größerer Empfindlichkeit bei schlechten Lichtverhältnissen und in häufigen Fällen auch einer Kombination aller drei Faktoren zur Verbesserung der Zuverlässigkeit der Daten erforderlich. Die Auswahl der richtigen Mikroskopiekamera, Histologiekamera, Zytologie-/Zytogenetikkamera oder Epifluoreszenzkamera usw. ist für eine ordnungsgemäße Diagnose in einer klinischen Anwendung bzw. für zuverlässige Daten zu Forschungszwecken von entscheidender Bedeutung. Wie wissen Sie also, welche industrielle Kamera am besten zu Ihrer Anwendung passt? In den nachfolgenden Abschnitten erörtern wir einige Aspekte, die Sie bei der Auswahl einer industriellen Kamera für Ihre biomedizinischen und biowissenschaftlichen Anwendungen berücksichtigen müssen. 

Anwendungsspezifische Faktoren

Auflösung und Farbgenauigkeit

Die erforderliche Auflösung ist abhängig von der Vergrößerung der Struktur von Interesse in der Probe im Verhältnis zur Größe der Pixels der Kamera. Das bedeutet, dass eine hohe Auflösung in einer Mikroskopieanwendung mit einer Kamera mit 2 MP bis 25 MP erreicht werden kann. Die Auflösung hängt von der Vergrößerung der Struktur von Interesse in der Probe durch die Optik im Verhältnis zur Größe der Pixel der Kamera ab. Zur Auswahl der besten Kameraoptionen zur Erzielung der gewünschten Auflösung bestimmen Sie zunächst die Größe der kleinsten Struktur in der Probe, die Sie auflösen möchten. Multiplizieren Sie diesen Wert dann mit den Objektivvergrößerungen in Ihrem optischen System. Dadurch erhalten Sie die Größe dieser Strukturen, wenn diese auf den Kamerasensor projiziert werden.

Wenn die Größe der Struktur mindestens dem 2,33-Fachen (Nyquist) der Größe eines Pixels des Kamerasensors entspricht, sollte die Kamera diese Struktur auflösen können. Wenn beispielsweise die Größe dieser projizierten Strukturen etwa 8 μm entspricht, sollte eine Kamera mit Pixeln von 3,45 μm diese Strukturen Auflösen können. Es gibt noch andere Methoden zur Messung der Auflösung (z. B. Linienpaare), dies ist jedoch eine einfache Berechnungsmethode, um geeignete Kameraoptionen zum Testen zu finden.

Bei Bildgebungsanwendungen in der Histologie, Zytologie und Zytogenetik kommt ein breites Spektrum an weißem Licht (zwischen ca. 400 nm und 700 nm) oder eine ausgewählte Wellenlänge innerhalb dieses Bereichs (z. B. 565 nm) zum Einsatz. Wenn die Proben nicht lebendig (bzw. stationär) sind, können sie helle Lichtstärken ausgesetzt werden, ohne das Risiko, dass der Fleck verblasst oder die Probe abgetötet wird. Unter diesen Bedingungen ist die wichtigste Voraussetzung für die Kamera eine hohe Auflösung und Farbwiedergabe. Mit anderen Worte: Die Empfindlichkeit bei schwachen Lichtverhältnissen ist kein wichtiger Faktor. Verwenden Sie zur Suche nach hoch auflösenden Modellen unseren Selektor für industrielle Kameras von FLIR und filtern und sortieren Sie die Ergebnisse nach Megapixeln.

Empfindlichkeit, Quanteneffizienz und Dynamikbereich

Bei Bildgebungsanwendungen mit lebenden Proben besteht die Herausforderung darin, eine zu Überbelichtung der Probe zu vermeiden, da dadurch fluoreszierende Moleküle gebleicht werden oder die Probe abgetötet wird. Bei diesen Anwendungen kommt in der Regel eine Technik namens Epifluoreszenz zum Einsatz. Epifluoreszenztechniken können sowohl bei stationären als auch bei lebenden Proben verwendet werden. Einige Proben sind selten oder schwer zu gewinnen, wobei der Prozess der Probenerzeugung in Bezug auf Material und Arbeitsaufwand kostenintensiv sein kann. Daher kann ein System, das die Qualität der Proben erhält, zur Reduzierung der laufenden Kosten dieser Bildgebungsanwendungen beitragen.

Bei der Epifluoreszenz wird eine hochenergetische Wellenlänge angewendet und gefiltert, um die Probe zur Emission einer energiearmen Wellenlänge anzuregen. Die energiearme Wellenlänge wird zurück zur Kamera gefiltert. Unter diesen Bedingungen ist die wichtigste Voraussetzung die Empfindlichkeit, da diese die Anwendung von weniger intensivem, schädlichem Licht auf die Probe ermöglicht. Eine Kamera mit hervorragender Empfindlichkeit kann hochwertige Bilder erzeugen, auch wenn das Emissionslicht energiearm ist.

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Bei der Suche nach Modellen mit ausgezeichneter Empfindlichkeit, die auch bei schlechten Lichtverhältnissen gut funktionieren, können Sie sich auf drei Spezifikationen konzentrieren: Grenzempfindlichkeit, Quanteneffizienz und Dynamikbereich. Die Grenzempfindlichkeit bezeichnet die Anzahl an Photonen, die nötig ist, um ein Signal zu erreichen, das dem vom Sensor wahrgenommenen Rauschen entspricht. Je niedriger der Wert, desto besser. Die Quanteneffizienz ist der Prozentsatz der Protonen, die bei einer bestimmten Wellenlänge in Elektronen umgewandelt werden. Hier ist ein hoher Wert wünschenswert. Der Dynamikbereich ist das Signal-Rausch-Verhältnis, darunter auch das zeitliche Dunkelrauschen (Rauschsignal des Sensors ohne eingehendes Signal). Je höher der Wert, desto besser. Verwenden Sie für einen einfachen Vergleich den FLIR-Modell-Selektor, um die Ergebnisse zu filtern und die höchsten Werte zu finden.

Monochrommodelle weisen im Vergleich zu farbigen Varianten generell eine bessere Leistung bei schlechten Lichtverhältnissen auf. Einzelheiten zur Bildqualität eines Modells finden Sie im detaillierten Dokument zur EMVA-Bildqualität des jeweiligen Modells. Auf der FLIR-Website können diese Dokumente über den Link zu den Kameraressourcen der jeweiligen Kameraserie abgerufen werden: Oryx-Ressourcen, Blackfly S USB-Ressourcen, Blackfly S GigE-Ressourcen,  Firefly-Ressourcen

Weitere Informationen zum EMVA-Bildqualitätsstandard sowie zum Vergleich der Modelle hinsichtlich ihrer Empfindlichkeit finden Sie unter Wie man die Kamera-Empfindlichkeit evaluiert.

Kombination der Faktoren

Suchen Sie für Anwendungen, bei denen sowohl weißes Licht als auch Epifluoreszenz zum Einsatz kommen, nach Kameramodellen mit der neuen Funktion der Umwandlungsverstärkung von Sony, mit der der Sensor für hohe Empfindlichkeit oder hohe Sättigungskapazität optimiert werden kann. Eine hohe Umwandlungsverstärkung ist ideal für Umgebungen mit schlechten Lichtverhältnissen, da das Ausleserauschen minimiert wird, was zu einer niedrigen Grenzempfindlichkeit führt, die sich ideal für schwache Signale mit kurzen Belichtungszeiten eignet. Eine niedrige Umwandlungsverstärkung ist ideal für Umgebungen mit guten Lichtverhältnissen, da die Sättigungskapazität maximiert wird, was zu einem verbesserten Dynamikbereich führt. Der maximale Dynamikbereich wird durch den 12-Bit-ADC beschränkt. 

Eine Liste der Modelle mit Umwandlungsverstärkung finden Sie in unserer Evaluierung von Sensoren für industrielle Kameras. Wenn Sie bei der Auswahl der richtigen Kameras für Ihre spezifische Anwendung Unterstützung benötigen, nehmen Sie Kontakt auf mit einem unserer Experten für industrielle Kameras.

Auswahl der richtigen Kameras

Bei der Auswahl einer Kamera ist ein neuerer CMOS-Sensor immer ein guter Ausgangspunkt. Neuere Sensoren bieten in der Regel bessere Leistung (unter Umständen zu einem niedrigeren Preis).  Wenn für die jeweilige Anwendung der Kauf vieler Kameras über mehrere Jahre hinweg erforderlich ist (z. B. bei der andauernden Produktion eines Diagnoseinstruments), müssen Sie eine Kamera auswählen, die sich nicht am Ende des Produktlebenszyklus befindet. Andernfalls müssen Sie die Kosten für die vorzeitige Einplanung einer Ersatzkamera tragen.

FLIR produziert über 200 verschiedene industrielle Kameras, die grob in drei Kameraserien mit den neuesten CMOS-Sensoren eingeteilt werden können: Blackfly S, Oryx und Firefly.

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Die Kameraserie Blackfly S bietet die größte Auswahl an Sensoren, Formfaktoren und Schnittstellen. Jedes Modell gibt es in einer Ausführung mit USB3 und GigE, weshalb diese Kameras äußerst vielfältig und in der Planungsphase leicht zu integrieren sind. Platinenkameras der Serie Blackfly S sind verkleinerte Versionen der voll ausgestatteten Gehäusevariante und eignen sich besonders gut für räumlich begrenzte und integrierte Anwendungen. Die Vielzahl an Funktionen, das hervorragende Preis-Leistungs-Verhältnis und Auflösungen von bis zu 24 MP machen sie zu einer ausgezeichneten Wahl für biomedizinische und biowissenschaftliche Anwendungen.

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Die Kameraserie Oryx bietet hochauflösende Sensoren mit der schnellen 10GigE-Schnittstelle, die die Aufnahme von 12-Bit-Bildern mit 4K-Auflösung bei über 60 FPS ermöglichen. Bei der 10GBASE-T-Schnittstelle von Oryx handelt es sich um einen bewährten, weit verbreiteten Standard, der eine zuverlässige Bildübertragung bei Kabellängen von mehr als 50 m mit preisgünstigen CAT6A-Kabeln bzw. von mehr als 30 m mit CAT5e-Kabeln bietet.

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Die Kameraserie Firefly bietet einen sehr kleinen Gehäuseformfaktor, ein leichtes Gewicht und geringe Leistung zu einem niedrigen Preis. Das Modell Firefly DL besitzt außerdem die Fähigkeit, ein zuvor trainiertes neuronales Netz einzusetzen, das zur Objekterkennung oder -klassifizierung verwendet werden kann.

Bei allen industriellen Farbkameras von FLIR kann die Farbwiedergabe über verschiedene Optionen für den Weißabgleich und die Verwendung einer einzigartigen Farbkorrekturmatrix angepasst werden. Dies ist bei der biomedizinischen Bildgebung wichtig, da die Farbgenauigkeit je nach visueller menschlicher Analyse für die Diagnose im Vergleich zu einem maschinenlesbaren Format für die Datengenauigkeit verschiedene Dinge bedeuten kann. Weitere Informationen zu diesen Funktionen finden Sie unter Verwendung des Weißabgleichs bei Blackfly S und Spinnaker und Verwendung der Farbkorrektur bei Blackfly S und Oryx.

Darüber hinaus können die Serien für industrielle Kameras von FLIR Blackfly S, Oryx und Firefly mit GenICam3 und dem Spinnaker-SDK gesteuert und programmiert werden, das von Grund auf im Hinblick auf eine einfache Entwicklung und Bereitstellung konzipiert wurde, um eine schnellere Anwendungsentwicklung und -prüfung zu ermöglichen.

Zur weiteren Eingrenzung der Auswahl der Kameramodelle ist auf der FLIR-Website ein Selektor für industrielle Kameras mit mehreren Filterkriterien verfügbar:

Selektor für industrielle Kameras anzeigen

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