Picturing the Invisible: Mit Wissenschaft und Kunst neue Perspektiven eröffnen

In der Welt der Thermografie dreht sich oftmals alles um drei Bereiche: Wissenschaft, Sicherheit und Inspektionen. Wir beschönigen jedoch oft die beeindruckenden Bilder, die entstehen können, wenn wir die unsichtbare Infrarotstrahlung (Wärmestrahlung) um uns herum sichtbar machen. „Picturing the Invisible“ oder das „Abbilden des Unsichtbaren“ ist sowohl eine treffende Beschreibung der Thermografie als auch der Titel der Kunstausstellung von Dr. Makoto Takahashi, die dem Erdbeben und Tsunami von Tōhoku 2011 gewidmet ist, die den Osten Japans erschüttert haben. Die Ausstellung bringt unter Mithilfe seiner Studenten an der Technischen Universität München mehrere talentierte Fotografen, Essayisten und eine FLIR Kamera der T-Serie zusammen, um Außenstehende in die Welt der von einer Katastrophe Betroffenen eintauchen zu lassen.

Bekannt als die „Große Erdbebenkatastrophe Ost-Japans“ oder einfach nur „3.11“, war das Erdbeben in Tōhoku am 11. März 2011 das stärkste aufgezeichnete Erdbeben in der Geschichte Japans und das viertstärkste der Welt. Es löste Tsunamis aus, die wiederum die Nuklearkatastrophe Fukushima Daiichi auslösten – die Kernschmelze von drei Kernreaktoren und das Austreten von radioaktivem Wasser in Fukushima. Das Erdbeben, die Tsunamis und die Kernschmelze forderten nahezu zwanzigtausend Todesopfer und hinterließen sechstausend Verletzte sowie Hunderttausende von Obdachlosen.

Die Ereignisse von 3.11 sind zwar schon lange vorbei, doch die Nachwirkungen sind bis heute spürbar. „Picturing the Invisible“ von Dr. Takahashi beleuchtet das Vermächtnis von Trauma, Strahlung und die Widerstandsfähigkeit der Gemeinden beim Wiederaufbau nach dieser Katastrophe. Neben Kunstwerken, die von verschiedenen Fotografen zur Verfügung gestellt wurden, ist jedes Werk mit einem Kommentar von einem Fachexperten, Politiker, Autor oder Aktivisten versehen.

3d715b56-0d29-4b6b-9a17-ebd9c752ff95.jpg

„Evacuation: Insoles“ (Evakuierung: Fußsohlen) von Masamichi Kagaya und Satoshi Mori, eines der Kunstwerke, die eine Spur leuchtender Fußabdrücke zeigt, die durch die verstrahlten Schuhe der Bürger von Fukushima hinterlassen wurden.

Die Ausstellung hatte im Oktober 2021 in der Royal Geographical Society in London Premiere und wurde erst kürzlich im Juni an der TU München eröffnet. Im Rahmen der jüngsten Ausstellung gab es eine abendliche Podiumsdiskussion mit 150 Teilnehmern, darunter Vertreter der International Commission on Radiological Protection und des Scientific Committee der Vereinten Nationen. Auf dem Podium diskutierten der Ausstellungskünstler Yoi Kawakubo und verschiedene Fakultätsmitglieder der TU München, was es bedeutet, sich heute in Deutschland an Fukushima zu erinnern.

Die Ausstellung umfasste auch eine interaktive Installation mit einer FLIR Kamera der T-Serie, um Wärmebilder von Gästen auf eine Wand zu projizieren. Die Kamera war in der Ausstellungshalle aufgestellt und alle waren eingeladen, davor zu posieren, um zu sehen, wie sie im Wärmebild aussehen. Vordergründig bietet die Kamera einen unterhaltsamen Foto-Termin für die Gäste, aber sie gibt dem Publikum auch eine ganz neue Perspektive auf die ausgestellten Kunstwerke.

Takahashi hoffte, dass das Publikum, wenn es die unsichtbare Wärmestrahlung um sich herum sieht, auch andere unsichtbare Naturkräfte wahrnehmen und mehr Verständnis für die unsichtbare nukleare Strahlung entwickeln würde, der die Bürger von Fukushima ausgesetzt sind. Die Ausstellung umfasst Wärmebilder von bestrahlten Kühen und Menschen, die sich innerhalb der Sperrzone am Standort Fukushima aufhalten. Wärmebildkameras können zwar keine nukleare Strahlungskontamination anzeigen und Infrarotstrahlung ist auch nicht schädlich, doch die Bilder bieten einen einzigartigen Blick auf die von der Katastrophe betroffenen Menschen und Orte.

thermal cows.PNG

Weidende Kühe in der verstrahlten Zone aus der Serie „Restricted Residence“ von Giles Price

„Nach anderthalb Jahren COVID sollten wir fähig sein, ein wenig sensibler und einfühlsamer demgegenüber zu sein, wie es ist, mit dieser Art von unsichtbarer Bedrohung um uns herum zu leben“, so Takahashi. „Es wäre interessant, sie im selben Raum zu haben und die Menschen damit interagieren zu lassen und einen Vergleich mit den Arbeiten aus Fukushima anzustellen, um diese Art von Kontinuität herauszuarbeiten, die durch die Verwendung derselben Bildsprache in zwei verschiedenen Kontexten suggeriert wird. Ich denke, dass es auch einen Einblick in die Entstehung der Kunstwerke gibt. Es veranschaulicht, wie der Prozess aussah. Ich glaube, das war etwas, von dem wir begeistert waren, und etwas, das wir auch mit einigen der anderen Künstler zu tun versuchten.“

cropped image.png

Die Veranstaltung wurde zwar von Dr. Takahashi geleitet, doch er delegierte viele der Aufgaben an seine Studenten. „Wie so viele Projekte wurde auch diese Ausstellung von COVID-19 mitgestaltet“, erklärt Takahashi auf der Website der Ausstellung. „Ich sah in diesem Projekt eine Gelegenheit, ihnen etwas Besonderes zu bieten. Deshalb beschloss ich, die Kuration dieser Ausstellung in meine Lehre am Department for Science and Technology Studies zu integrieren.“

Einer dieser Studenten, Nicholas McCay, hatte ursprünglich die Idee, eine Wärmebildkamera zu integrieren. „Die anderen Jahrgänge arbeiteten an einer anderen Art von Projekten. Diese Projekte waren eher akademischer Natur, wie z. B. Diskussionen über ein Thema mit anschließendem Verfassen einer Arbeit“, erklärt McCay. Ihm gefiel die Idee, stattdessen eine Wärmebildkamera zu verwenden, „weil es so viel ansprechender war, viel mehr wie eine echte Zusammenarbeit.“

Während eine professionelle Wärmebildkamera für diejenigen, die mit der Technologie nicht vertraut sind, einschüchternd sein mag, bereitete die FLIR Kamera der T-Serie der Ausstellung am Einrichtungstag keinerlei Probleme. „Ehrlich gesagt war sie sofort einsatzbereit, da kann man sich wirklich nicht beschweren. Die gesamte Benutzerfunktionalität war ziemlich einfach, ziemlich selbsterklärend, und ich bin mir sicher, dass selbst jemand, der weder über das entsprechende Hintergrundwissen noch die Unterstützung von anderen verfügte, damit zurechtkommen würde.“

Sowohl die sorgfältige Gestaltung der Ausstellung als auch die Einbeziehung einer Wärmebildkamera scheinen sich für Takahashi und seine Studenten gelohnt zu haben. Ihre Ausstellung wurde von der European Association for the Study of Science and Technology (EASST) mit dem Ziman Award für öffentliche Interaktion mit Wissenschaft und Technologie ausgezeichnet. Das Preiskomitee betonte, dass die Ausstellung aufgrund ihres tiefgreifenden Engagements, ihres breiten Spektrums der Zusammenarbeit zwischen Essayisten und Künstlern, der Beteiligung von Studenten und ihrer Wirkung auf die Gesellschaft bemerkenswert sei.