Automatischer Gesundheitstest in Milchviehbetrieben mit FLIR-Wärmebildkameras

Durch ihre fortschreitende Technisierung ähneln moderne Bauernhöfe mehr und mehr Produktionsstätten. Landwirte verbringen heutzutage mehr Zeit am Computer als auf dem Feld oder im Stall. Unter diesen Umständen sind zuverlässige automatische Überwachungssysteme zur Sicherstellung der Qualität und Langlebigkeit unerlässlich. Das Unternehmen Agricam mit Sitz in Linköping (Schweden) hat dies verinnerlicht und ein automatisches Überwachungssystem für Milchkühe entwickelt, das mit Wärmebildkameras von FLIR arbeitet.

„Mastitis stellt moderne Milchviehbetrieb vor große Probleme“, erläutert Ellinor Eineren, Gründerin von Agricam. „Mastitis ist eine anhaltende Entzündung des Euters. Diese potenziell schwere Entzündung der Milchdrüse ist die häufigste Erkrankung bei Milchvieh. Bei frühzeitiger Entdeckung kann sie problemlos behandelt werden. In der Regel wird die erkrankte Kuh einfach häufiger gemolken, sodass wenig oder gar keine Milch im Euter verbleibt, in der sich die entzündungserregenden Bakterien vermehren können. Auf diese Weise kann das natürliche Immunsystem des Tiers die Infektion bekämpfen, bevor eine medizinische Behandlung erforderlich wird.“

Beim altmodischen Melkvorgang mit der Hand konnte eine Mastitis schon im Entwicklungsstadium relativ einfach diagnostiziert werden, wie Eineren beschreibt. „Die Erkrankung äußert sich durch eine erhöhte Temperatur im Euter, die auf einen für Entzündungen typischen Anstieg des Blutdurchflusses zurückgeht. Mit der nötigen Erfahrung konnten Milchbauern diese Symptome mühelos erkennen. Heutzutage ist das nicht mehr so einfach, da der Melkvorgang mit Melkmaschinen anstelle von menschlichen Händen durchgeführt wird.“

Nicht nutzbare Milch

Da der Melkvorgang in den meisten modernen Milchbetrieben nicht mehr von Hand durchgeführt wird, fühlt der Milchwirt die erhöhte Temperatur des Euters nicht, die vor einer Mastitis im Entwicklungsstadium warnt. „Dies stellt die Milchwirtschaft vor ein massives Problem. Mastitis bereitet dem Tier Schmerzen und allgemeines Unwohlsein und muss mit Antibiotika behandelt werden. Hierdurch fallen einerseits Kosten für den Tierarzt an. Andererseits muss die beim betroffenen Tier gemolkene Milch gemäß EU-Vorschriften entsorgt werden, bis keinerlei Rückstände von Antibiotika mehr im Körper des Tiers vorhanden sind.“

Obwohl unterschiedliche Schätzungen vorliegen, gilt es als sicher, dass die jährlichen Kosten infolge von Mastitis für die europäische Milchwirtschaft im zweistelligen Millionenbereich liegen. „Ich war schockiert, als ich herausfand, dass ein durchschnittlicher Milchbetrieb aufgrund von Mastitis jährlich 20.000 bis 60.000 Euro verliert. Ein gewaltige Summe. Aus diesem Grund haben wir an einer Lösung für dieses Problem gearbeitet: ein automatisches Frühwarnsystem, das auf Wärmebildtechnik basiert.“

Instrument zur Erkennung von Entzündungen

Auf der ganzen Welt verwenden Tierärzte tragbare Wärmebildkameras zur Erkennung von Entzündungen bei Haus- und Nutztieren. Wärmebildkameras werden von Tiermedizinern zunehmend als Diagnoseinstrument für Entzündungen und andere Gesundheitsprobleme bei Pferden, Kühen, Hunden, Katzen usw. eingesetzt. „Hierfür muss jedoch ein Mensch die Bilder manuell aufnehmen und die thermografischen Daten auswerten. Mir ist kein System bekannt, mit dem dieser Prozess automatisiert werden könnte.“

Deswegen haben Frau Eineren und Agricam ein patentiertes System namens CaDDi entwickelt. Die Abkürzung steht für Cattle Disease Diagnostics (Diagnose von Rinderkrankheiten). „In Zusammenarbeit mit dem in Linköping ansässigen FLIR-Produkthändler Termisk Systemteknik haben wir die Durchführbarkeit für ein solches Produkt geprüft. Zunächst haben wir untersucht, ob Wärmebildkameras Mastitis erkennen können. Hierzu haben wir mit einer FLIR-P660-Wärmebildkamera manuell Wärmebilder von Kuheutern aufgenommen und diese Bilder gemeinsam mit Tierärzten des schwedischen staatlichen Instituts für Tiermedizin analysiert.“

Automatische Analyse mit modernen Algorithmen

„Der nächste Schritt war die Entwicklung eines Systems, mit dem dieser Vorgang automatisch durchgeführt werden konnte“, so Eineren weiter. „Das war jedoch leichter gesagt als getan. Nicht jeder warme Bereich auf dem Wärmebild zeigt eine Entzündung an. Die Körpertemperatur der Tiere schwankt von Natur aus und von Tier zu Tier können geringfügige Unterschiede im Temperaturmuster bestehen. Um Fehlalarme zu vermeiden, brauchten wir eine hochmoderne Analysetechnik. In diesem Bereich haben wir sehr vom Fachwissen unseres Partners Termisk Systemteknik profitiert.“

„Termisk Systemteknik verfügt über mehr als drei Jahrzehnte Erfahrung in allen Bereichen der Bildanalyse, einschließlich der Analyse von Wärmebildern“, berichtet Stefan Sjökvist, CEO von Termisk Systemteknik. „Dennoch stellte diese Anwendung eine knifflige Aufgabe dar, weil wir für ein genaues Resultat die individuellen Temperaturmuster des jeweiligen Tieres berücksichtigen mussten.“

FLIR-A310-Wärmebildkamera

Sjökvist und seine Mitarbeiter installierten zwei FLIR-A310-Wärmebildkameras in robusten wasserdichten Gehäuse an den Seiten der Melkmaschine in einem Milchbetrieb nahe Linköping. „Mit einer thermischen Empfindlichkeit von 50 mK und einer Auflösung von 320 x 240 Pixeln liefern die FLIR-A310-Wärmebildkameras genau die detailreichen Bilder und Wärmebilddaten, die wir für diese Anwendung brauchen“, erklärt Sjökvist.

Diese beiden FLIR-A310-Wärmebildkameras nahmen über einen Zeitraum von sechs Monaten Wärmebilder von Kuheutern auf. Mit dem Erkennungssystem mit RFID-Geräten, das in die automatische Melkmaschine eingebaut wurde, konnte eine Datenbank aus Wärmebildern für jede Kuh angelegt werden. „Anhand dieser Datenbank bestimmt die Software das normale Temperaturmuster für jede Kuh. Indem es die Messwerte mit den Werten in der Datenbank vergleicht, kann das System die thermischen Anomalien, die ein Anzeichen für Mastitis sind, genau erkennen. Je größer die Datenbank wird, desto genauer arbeitet dieses selbstlernende System.“

Erkennung anderer Gesundheitsprobleme

Laut Sjökvist soll das System zukünftig auf andere Gesundheitsprobleme ausgeweitet werden. „Mit dieser Technologie können noch weitere Erkrankungen erkannt werden, z. B. andere Arten von Entzündungen, Nervenschäden, Knochenprobleme oder Verletzungen, noch bevor das Tier klinische Symptome zeigt. Frau Eineren stimmt dem zu. „Aktuell vermarkten wir CaDDi Mastitis. In Zukunft werden jedoch auch Module für andere Erkrankungen und für andere Tiere entwickelt werden. Wir arbeiten eng mit Tierärzten des schwedischen staatlichen Instituts für Tiermedizin zusammen, um die Genauigkeit unserer derzeitigen und zukünftigen Module zu prüfen.“

Vergleich der Lieferanten von Wärmebildtechnik

„In der frühen Phase der Konzeptentwicklung haben wir die aktuell auf dem Markt verfügbaren Produkte für Wärmebildtechnik verglichen. Nach kurzer Zeit stellten wir fest, dass kein Anbieter so leistungsstarke und gleichzeitig kostengünstige Wärmebildgebungslösungen herstellt wie FLIR Systems.“

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