Messgenauigkeit und -unsicherheit von Infrarotkameras einfach erklärt

Der Nutzen von Messergebnissen ist stark eingeschränkt, wenn es an Wissen darüber fehlt, wovon Empfindlichkeit und Genauigkeit der verwendeten Messgeräte abhängen. Dies gilt auch für Infrarotkameras. Außerdem werden bei Diskussionen zur Messgenauigkeit von Infrarotkameras in der Regel komplizierte Begriffe oder Fachausdrücke verwendet, die für zusätzliche Verwirrung oder Missverständnisse sorgen können. Deshalb wird der Einsatz dieser Werkzeuge von manchen Forschern gleich ganz abgelehnt. In diesem Fall bleiben jedoch die potenziellen Vorteile ungenutzt, die Wärmebildmessungen bei vielen Forschungs- und Entwicklungsanwendungen haben. Im Folgenden erklären wir die Messunsicherheit in klarer Sprache und ohne überflüssige Fachausdrücke. Wir verschaffen Ihnen eine solide Wissensbasis rund um die Themen Messgenauigkeit und Kalibrierung von Infrarotkameras.

Angaben zur Kameragenauigkeit und die Unsicherheitsgleichung

In den meisten Datenblättern von Infrarotkameras werden Genauigkeitsangaben wie „± 2 °C“ oder „2 % des Ablesewerts“ gemacht. Diese Angaben sind das Ergebnis eines häufig eingesetzten Verfahrens zur Messfehlerbestimmung, der Bildung der „geometrischen Summe“ der Einzelfehler (Root‐Sum‐of‐Squares, RSS). Dahinter steckt die Idee, für die einzelnen Variablen der Temperaturmessgleichung jeweils die Einzelfehler zu ermitteln und aus der Summe der Quadrate der Einzelfehler die Quadratwurzel zu berechnen. Diese Berechnung klingt komplex, ist aber ziemlich einfach. Als weitaus schwieriger kann sich die Ermittlung der Einzelfehler erweisen.

Einzelfehler können sich aus mehreren Variablen der typischen Temperaturmessgleichung von Infrarotkameras ergeben:

  • Emissionsgrad
  • Reflektierte Umgebungstemperatur
  • Transmission
  • Atmosphärentemperatur
  • Reaktion der Kamera
  • Temperaturgenauigkeit des Kalibrierungsgegenstands (Schwarzer Körper)

Nachdem für die Einzelfehler aller oben genannten Größen plausible Werte ermittelt wurden, werden diese in die folgende Gleichung für den Gesamtfehler eingesetzt:

Wobei ∆T1, ΔT2, ΔT3 usw. die Einzelfehler der Variablen der Messgleichung sind.

Warum ist diese Vorgehensweise sinnvoll? Es stellt sich heraus, dass sich zufällige Messfehler der Praxis gegenseitig verstärken können, sie können sich allerdings auch gegenseitig auslöschen. Die geometrische Summe ist deshalb das sinnvollste Maß zur Angabe des Gesamtfehlers. Aus diesem Grund wird diese Angabe in allen Datenblättern von FLIR-Kameras verwendet.

Grundsätzlich ist dabei zu berücksichtigen, dass die bisher diskutierten Berechnungen nur gelten, wenn die Kamera im Labor oder für kurze Distanzen (unter 20 Meter) im Freien verwendet wird. Bei längeren Distanzen kommen zusätzliche Messungenauigkeiten aufgrund der atmosphärischen Absorption sowie in geringerem Ausmaß der atmosphärischen Emission hinzu. Wenn heute die Messunsicherheit moderner Infrarotkamerasysteme unter Laborbedingungen analysiert wird, ergeben sich fast immer Werte um ± 2 °C oder 2 %. Deshalb ist es sinnvoll, diese Werte in den technischen Daten von Kameras anzugeben.

Die Praxis zeigt uns jedoch, dass Hochleistungskameras wie die FLIR X6900sc erheblich bessere Ergebnisse als preisgünstige Kameras wie die FLIR E40 liefern. Diese Beobachtung wollen wir im Folgenden genauer erklären.

Labormessungen und Genauigkeiten von ± 1 °C oder ± 1 %

In diesem Abschnitt schauen wir uns Temperaturmessungen an, die sich ergeben, wenn eine Kamera auf ein Objekt mit bekanntem Emissionsgrad und bekannter Temperatur gerichtet wird. Objekte dieser Art werden üblicherweise als „Schwarzer Körper“ bezeichnet. Diesen Begriff haben Sie möglicherweise bereits im Zusammenhang mit dem theoretischen Modell eines Objekts mit bekanntem Emissionsgrad und bekannter Temperatur gehört. Er wird auch für Laborgeräte verwendet, die diesem Modell sehr nahe kommen. Das Kalibrierungslabore von FLIR, bei dem mindestens 2 Hohlraumkörper in einem Viertelkreis angeordnet sind, ist unten abgebildet.

Zur Bestimmung der Messunsicherheit im Labor wird eine kalibrierte Kamera auf einen kalibrierten Schwarzen Körper gerichtet, und die gemessene Temperatur wird im Zeitverlauf aufgezeichnet. Trotz sorgfältiger Kalibrierung wird es immer zufällige Fehler bei der Messung geben. Die Genauigkeit und Präzision der gemessenen Daten kann quantifiziert werden. In Abbildung 2 sind die Ergebnisse der Messung eines kalibrierten Schwarzen Körpers dargestellt.

Der Graph in folgende Abbildung zeigt mehr als zwei Stunden an Daten von einer FLIR-A325sc-Kamera, die in einem Abstand von 0,3 Metern auf einen Schwarzen Körper mit 37 °C in einem Innenraum gerichtet ist. Es wurde ein Kameramesswert pro Sekunde aufgezeichnet. Dargestellt ist der Mittelwert aller Pixel des Bildes. In einem Histogramm dieser Daten wäre deutlich zu erkennen, dass die meisten Datenpunkte zwischen 36,8 °C und 37 °C liegen. Die extremsten aufgezeichneten Werte betrugen 36,6 °C und 37,2 °C.

Angesichts dieser Ergebnisse wäre es verführerisch, eine erwartete Genauigkeit von 0,5 °C für den Mittelwert aller Pixel anzugeben. Man könnte sogar ±1 °C für die FLIR A325sc und alle anderen Kameras mit dem gleichen Detektor behaupten. Allerdings ließe sich einwenden, dass in der obigen Grafik der Mittelwert aller Pixel dargestellt ist, der möglicherweise nicht repräsentativ für einzelne Pixel ist.

Eine Möglichkeit, herauszufinden, wie gut alle Pixel untereinander übereinstimmen, ist die Beobachtung der Standardabweichung im Zeitverlauf. Diese ist in Abbildung 3 dargestellt. Der Graph zeigt, dass die typische Standardabweichung unter 0,1 °C liegt. Die gelegentlichen Spitzen um 0,2 °C sind die Folge der 1-Punkt-Aktualisierung der Kamera, einer Art Selbstkalibrierung, die bei allen Kameras mit Mikrobolometer regelmäßig durchgeführt werden muss.

Bisher haben wir die Datenerfassung durch Kameras mit ungekühlten Mikrobolometern diskutiert. Wie werden diese Ergebnisse von einer Hochleistungs-Quantendetektorkamera abweichen?

Abbildung 4 zeigt die Reaktion einer typischen 3–5-µm-Kamera mit einem Indium-Antimonid-Detektor (z. B. FLIR X6900sc). In der Dokumentation dieser Kamera wird eine geprüfte Genauigkeit von ±2 °C oder 2 % angegeben. Im Graph unten ist erkennbar, dass die Ergebnisse diese Angabe gut bestätigen: die Anzeigegenauigkeit an diesem Tag betrug ca. 0,3 °C und die Präzision ca. 0,1 °C. Aber woher kommt der Offset-Fehler von 0,3 °C? Ursachen könnte die Kalibrierung des schwarzen Körpers, die Kalibrierung der Kamera oder einer der in Abschnitt 2 genannten Einzelfehler sein. Denkbar wäre auch, dass sich die Kamera am Beginn der Messung zunächst erwärmt hat. Wenn sich die Temperatur der Objektive oder des Kameragehäuses ändert, kann dies zu einem Offset bei der Temperaturmessung führen.

Die beiden Kalibrierungstests zeigen also, dass sowohl Mikrobolometerkameras als auch Photonen zählende Quantendetektorkameras ab Werk so kalibriert werden können, dass beim Aufnehmen eines 37 °C warmen Objekts mit bekanntem Emissionsgrad unter typischen Innenraumbedingungen Genauigkeiten unter 1 °C erreicht werden.

Umgebungstemperaturkompensation

Zu den schwierigsten Punkten bei Werkskalibrierungen gehört die Kompensation der Umgebungstemperatur. Infrarotkameras reagieren auf die gesamte Infrarotenergie, die auf den Detektor fällt. Dies gilt auch für Quantendetektorkameras. Wenn die Kamera gut konstruiert ist, stammt die meiste Energie vom aufgenommenen Objekt und nur wenig von der Kamera selbst. Allerdings ist es unmöglich, den Beitrag des Materials rund Abbildung 2 – Typische Reaktion der FLIR-A325sc-Kamera bei 37ºC Schwarzkörper Abbildung 3 – Standardabweichung der typischen A325sc bei 37ºC Schwarzkörper Abbildung 4 – Reaktion einer typischen InSb-Kamera bei 35ºC Schwarzkörper um den Detektor und im Strahlengang vollständig zu eliminieren. Ohne geeignete Kompensation werden alle Änderungen der Temperatur des Kameragehäuses und der Objektive die Temperaturmesswerte der Kamera signifikant beeinflussen.

Die beste Vorgehensweise bei der Kompensation der Umgebungstemperatur ist es, die Kameratemperatur und die Temperatur im Strahlengang an drei verschiedenen Punkten zu messen. Die gemessenen Werte werden dann in die Kalibrierungsgleichung eingesetzt. Auf diese Weise können präzise Messwerte im gesamten Bereich der Betriebstemperaturen erreicht werden (typischerweise 15 °C bis 50 °C). Dies ist besonders bei Kameras wichtig, die im Freien verwendet werden oder aus anderen Gründen schnellen Temperaturwechseln ausgesetzt sind.

Auch wenn die Umgebungstemperatur kompensiert wird, sollte der Kamera genügend Zeit zum Aufwärmen bleiben, bevor kritische Messungen durchgeführt werden. Halten Sie außerdem die Kamera und die Objektive von direkter Sonneneinstrahlung und anderen Wärmequellen fern. Temperaturänderungen der Kamera und der Optik erhöhen die Messunsicherheit.

Berücksichtigen Sie auch, dass nicht alle Kamerahersteller während der Kalibrierung die Umgebungstemperatur kompensieren. Wenn die Drift der Umgebungstemperatur nicht korrekt kompensiert wird, können die Daten dieser Kameras signifikante Ungenauigkeiten aufweisen – mit Abweichungen von 10 °C und mehr. Informieren Sie sich deshalb über die Kalibrierung und über die Durchführung der Kalibrierung, bevor Sie in eine Infrarotkamera investieren.

Weitere wichtige Einflussfaktoren

Auch ohne direkten Bezug zur Kamerakalibrierung können Aspekte wie Emissionsgrad und Messpunktgröße Einfluss auf die Messgenauigkeit haben. Eine fehlerhafte Einstellung des Emissionsgrads oder ungeeignete Messbedingungen können die Messergebnisse Ihrer Kamera negativ beeinflussen.

Der Emissionsgrad – also die Fähigkeit eines Objekts, Infrarotenergie zu emittieren, statt zu reflektieren – muss angemessen berücksichtigt werden. Nehmen Sie sich also genügend Zeit, um den Emissionsgrad Ihres Objekts zu ermitteln und das Ergebnis an der Kamera einzugeben. Stellen Sie fest, ob das Objekt möglicherweise vollständig reflektiert, und ergreifen Sie gegebenenfalls vor Beginn Ihrer Messungen entsprechende Gegenmaßnahmen (z. B. Beschichtung der Oberfläche mit nichtreflektierender Farbe). Alle FLIR-Kameras sind mit Optionen zur Festlegung des Emissionsgrades ausgestattet. Wenn Ihnen ein Fehler unterlaufen ist, können Sie mit der FLIR R&D Software während der Analyse den Wert für den Emissionsgrad ändern (Echtzeitanzeige oder nachträgliche Analyse). Dies kann in der Regel für ein ganzes Bild oder regional erfolgen.

Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Messpunktgröße, also die Größe der Objektfläche, die von jedem einzelnen Pixel erfasst wird. Nehmen wir einmal an, dass Sie mit einer A325sc mit 25-Grad-Standardobjektiv ein brennendes Streichholz in 18 Metern Entfernung aufnehmen. Jeder Pixel erfasst 6,5 Quadratzentimeter der Gesamtszene. Ein Streichholzkopf ist jedoch nur 0,8 Quadratzentimeter groß – viel kleiner als der Pixel, mit dem er erfasst wird. Fast die gesamte Infrarotenergie, die auf den Pixel trifft, stammt also aus dem Bereich hinter dem Holzstück. Nur ein Vierundsechzigstel der Energie kommt aus dem Holzstück, das wir eigentlich messen wollten. Hat der Hintergrund Raumtemperatur, wird die Kamera einen deutlich zu niedrigen Wert für die Streichholzkopftemperatur messen.

Zur Lösung dieses Problems könnten Sie ein Teleobjektiv auf der Kamera montieren oder einfach den Abstand zum Objekt verringern. Durch beide Vorgehensweisen könnte erreicht werden, dass der Streichholzkopf den gesamten Pixel ausfüllt. Für eine bestmögliche absolute Temperaturgenauigkeit müssen Sie sicherstellen, dass das kleinste relevante Objekt mindestens von 10 × 10 Pixeln erfasst wird. Aber auch Messpunktgrößen von einem einzelnen Pixel oder von 3 × 3 Pixeln führen bereits zu nahezu korrekten Ergebnissen.

Fazit

Wie wir gesehen haben, ist es durch Berechnung der geometrischen Summe der Einzelfehler möglich, die Genauigkeit von Infrarotkameras zu ermitteln. Dabei zeigt sich, dass diese Kameras eine Fehlergrenze von maximal 2 °C haben. Bei korrekter Kalibrierung und bei korrektem Umgang mit Faktoren wie Umgebungstemperatur, Emissionsgrad und Messpunktgröße lassen sich Fehlergrenzen von unter 1 °C erreichen.

Eine letzte Bemerkung: Die in diesem Dokument gemachten Angaben gelten primär für Infrarotkameras, die im Herstellungswerk kalibriert wurden. Die physikalischen Zusammenhänge gelten selbstverständlich auch für Kameras, die vom Benutzer kalibriert werden. Die Vorgehensweisen zur Kalibrierung hängen jedoch vom jeweils verwendeten System ab. Wenn Sie die Möglichkeit haben, korrekte Benutzerkalibrierungen durchzuführen, können Sie auch eigene benutzerdefinierte Analysen der Messunsicherheit vornehmen, wodurch die in diesem Artikel beschriebenen allgemeinen Spezifikationen weniger relevant werden.

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